Essstörungen haben während der Corona-Pandemie zugenommen und stellen Eltern, Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter:innen und auch uns Schulpsycholog:innen vor große Herausforderungen.
Julia Reuber rezensiert für uns ein aktuelles Buch zum Thema:
Das für betroffene Kinder und deren Familien geschriebene Buch „Die Hungerwolke“ überzeugt auf den ersten Blick durch seine ansprechende Illustration: die Hungerwolke legt sich mit ihrem Schleier über all die leckeren Dinge, die einem beim Essen doch Spaß bereiten sollten, wie z.B. Törtchen, Lollis oder Schokolade. Dass die Autorin selbst die Hungerwolke kennt, macht den Einstieg in das Buch authentisch.
Die Geschichte von dem 7jährigen Mädchen Mona beschreibt, wie sich die Hungerwolke in ihrem Leben „breit macht“ und sie in die Essanfälle zwingt. Dabei wird an einigen Stellen ein bissen zu „dick“ aufgetragen, etwa beim Vergleich mit der sehr hübschen älteren Schwester oder dem ständigen Betonen, dass die Mutter sie zu dick findet und sie eine Diät machen soll. Auch bleibt die Frage offen, mit welchem Geld sich ein 7jähriges Mädchen mehrfach hintereinander so viele Süßigkeiten kaufen kann.
Das Motiv der Wolke passt sehr gut zu der Binge-Eating-Disorder, da sie Mona im wahrsten Sinne des Wortes ihre Sinne und Gedanken „vernebelt“ und sie zum Essen drängt, gleichzeitig aber auch wie eine schützende Schicht umgibt.
Das Buch macht deutlich, welche Schlüsselrolle die Eltern in diesem Alter für das Verhalten, die Gedanken und die Gefühle der Kinder einnehmen: wenn sie zu sehr mit ihren eigenen Bedürfnissen beschäftigt sind, übersehen sie, wie es ihren Kindern geht und was sie für ein sicheres und gesunde Leben benötigen. Dass die Klassenlehrerin diese Rolle letztendlich stellvertretend einnimmt zeigt, wie wichtig Lehrkräfte als Ressource für Kinder, nicht nur in diesem Alter, sein können. Die angestoßenen Lösungsvorschläge der Lehrerin sind zielführend, wirken jedoch bei dem ersten Gespräch mit der Mutter und Mona etwas zu therapeutisch.
Insgesamt wird das Buch sehr gut durch einen differenzierten Fachteil für Bezugspersonen ergänzt.